Hallo.
Es wäre nett, wenn mir jemand mit Erfahrung bei Theateraufnahmen Tipps zur Kameraeinstellung gibt. Aufgenommen werden sollen mehrere Aufführungen eines Musicals (mit farblich wechselndem Kunstlicht, die Hauptdarsteller werden eingefangen von einem frontalen Spotlicht).
Zum Einsatz kommen soll ein Panasonic HDC-TM900 Camcorder. Ein manueller Eingriff vor der Aufnahme ist möglich, aber nicht während der Aufnahme, da der Camcorder nach dem Einschalten nicht weiter betreut wird.
Meine bisherige Erfahrung mit einem anderen Camcorder war die, dass die Automatik in einer solchen Situation komplett versagt hat. Keine Ahnung ob der TM900 Camcorder hier besser ist; ist er es nicht, so benötige ich Hinweise, wie ich dem entgegenwirken kann.
Bye, Gast
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Meine Erfahrung (Nachtrag):
Alles in allem ist der TM900 ein für solche Situationen gut gerüsteter Camcorder. Die sonst so zuverlässige Automatik der TM900 kommt mit dieser Situation jedoch ebenfalls nicht zurecht (krasse Überbelichtung im Spot und Rauschen im dunklen Bereich; beides lässt sich mit der richtigen Einstellung nahezu komplett beheben). Daher:
- Den Szenenmodus „Spotlicht“ verwenden (dieser Modus hat nichts mit einer Spotlicht-Messung zu tun, sondern ist das laut Bedienungsanleitung ideale Programm für Scheinwerferlicht).
- Die Belichtung zusätzlich auf -1 stellen.
- Zudem den „intelligenten Kontrast“ aktivieren, der den Dynamikumfang leicht erhöht.
- Der automatische Weisabgleich ist die richtige Einstellung bei farblich wechselndem Kunstlicht.
Der Modus „Spotlicht“ und die Belichtungskorrektur machen beide das Bild jeweils etwas dunkler. Am TV betrachtet stört das jedoch nicht; die Atmosphäre wurde gut eingefangen. Im Vergleich zur Automatik erkennt man mit der obigen Einstellung wesentlich mehr Details sogar in winzigen weiter entfernten Gesichtern, da diese weder überbelichtet werden, noch im verrauschten Dunkel verschwinden. Dunkle Bereiche werden nun nahezu unverrauscht Schwarz dargestellt; der Rest hebt sich davon gut ab (obgleich das Bild dunkler wird, erkennt man plötzlich mehr als vorher).
Zusammenfassung:
Es folgt eine Zusammenfassung der Tipps aus den unten stehenden Beiträgen (danke an alle beteiligten Forenmitglieder, vor allem an Tiefflieger, der sich da richtig reingekniet hat). Mitunter gehe ich auch darüber hinaus.
Neben der Belichtungszeit (auch Verschlusszeit genannt) bilden Blende, Gain und Brennweite die wesentlichen manuell beeinflussbaren Faktoren für ein gutes Videobild. Daher zunächst etwas zu den Grundlagen:
Belichtungszeit (Verschlusszeit):
Die Belichtungszeit wird mit 1/x (eine Sekunde durch x) angegeben. Daher gilt, je höher der Wert von x ist, desto kürzer ist die Belichtungszeit der einzelnen Bilder.
- Eine längere Belichtungszeit erzeugt ein helleres Bild, ist aber auch anfälliger für Verwacklungen und damit für Verwacklungsunschärfen. Die längste manuell einstellbare Belichtungszeit der TM900 liegt bei einer 1/25 Sekunde.
- Zu kurze Belichtungszeiten erzeugen im Video kleine Ruckler (Stroboskopeffekt). Eine für ein flüssiges Bild ungünstig kurze Belichtungszeit (z.B. 1/600 Sekunde) muss der Camcorder nutzen, wenn beispielsweise die Blendenöffnung zu groß ist und daher zu viel Licht auf den Bildsensor trifft. Er versucht damit, ein zu helles Bild, eine Überbelichtung, zu vermeiden.
- 50 Bildern pro Sekunde: zwischen 1/50 bis 1/350 (normal 1/50; 1/350 bei Sportaufnahmen)
- 25 Bildern pro Sekunde: zwischen 1/25 bis 1/100 (normal 1/50; 1/100 bei Sportaufnahmen; 1/25 bei schwachem Licht)
Die Blendenöffnung ist vorstellbar als ein kleines Loch, dessen Durchmesser die Lichtmenge bestimmt, die zum Bildsensor durchgelassen wird. Dabei beeinflusst der in seiner Größe verstellbare Durchmesser auch die Tiefenschärfe der Bilder.
Dazu kurz: Bei einer großen Tiefenschärfe wird das fokussierte Objekt und seine Umgebung scharf abgebildet. Bei einer geringen Tiefenschärfe wird das fokussierte Objekt weiterhin scharf abgebildet, während der Hintergrund zunehmend unscharf wird; das fokussierte Objekt wird dadurch hervorgehoben, da es sich von der unscharfen Umgebung abhebt.
Die Blendenöffnung wird korrekt mit 1/x angegeben, meist aber nur kurz als Blende x bezeichnet (geschrieben "f x"). Auch hier gilt also, je größer der Wert von x ist, desto kleiner ist die Blendenöffnung.
- Ein größerer Wert erzeugt ein dunkleres Bild mit einer größeren Tiefenschärfe. Dem dunkleren Bild wird in der Regel mit einer längeren Belichtungszeit entgegengewirkt.
- Je kleiner der Bildsensor des Camcorders ist, desto empfindlicher reagiert er auf zu kleine Blendenöffnungen. Das Gesamtbild verliert dann allgemein an Schärfe.
- nicht oberhalb der Blende von f 8 arbeiten (f 6 ist also besser, f 11 ist schlechter).
Einer zu kurzen Belichtungszeit kann man nicht nur durch die Wahl einer kleineren Blendenöffnung entgegenwirken. Bei einem Camcorder mit Filtergewinde lässt sich auch ein Graufilter anbringen, der wie eine Sonnenbrille wirkt.
Dabei ist zu beachten, dass es je nach Qualität des Filters zu Schärfeverlust, Farbtemperaturabweichung und Effekte sowie Rotverschiebung kommen kann.
Gain:
Als „Gain“ wird die Verstärkung des Videosignals bezeichnet. Er ist vergleichbar mit dem ISO in der Fotografie.
- Je stärker der Gain, desto heller wird das Bild. Es verliert gleichzeitig aber an Schärfe und Brillanz (Bild- bzw. Farbrauschen entsteht).
- Bei der TM900 erzeugt ein Gain von 0 bis 6db rauschfreie und scharfe Bilder.
- Ab 12db nimmt die Auflösung sichtbar ab (bei minimalem Rauschen – kein grobes Grieseln).
Neben der Blendenöffnung gibt es einen weiteren Faktor, der die Tiefenschärfe des Bildes beeinflusst. Gemeint ist die Brennweite des Objektivs, wobei das Objektiv zusätzlich auch Einfluss auf die Lichtempfindlichkeit des Camcorders hat.
- Die Tiefenschärfe nimmt mit zunehmender Brennweite ab.
- Abhängig von der Bauart des Objektivs kann es zudem sein, dass die Lichtempfindlichkeit des Objektivs abnimmt, je stärker der Zoom beansprucht wird.
Anzeige der Werte:
Bei der TM900 werden die Restlaufzeit, der Batteriestand und die wichtigen Einstellungen beim Antippen des Displays kurz angezeigt. Im manuellen Modus werden auch Blende, Gain und Verschlusszeit angezeigt.
Aufnahmemodus (50p/50i/25p):
Die Kamera erreicht die besten Bildergebnisse im 1080/50p Modus. Andere Formate wie 1920x1080/50i, 1920x1080/25p und 1440x1080/50i können verwendet werden, um die Aufnahmezeit zu verlängern oder um für Filmprojekte direkt das Ausgangsformat zu liefern. Technisch können die Bilder von 1080/50p ausgehend auch mit der Nachbearbeitung in diese Formate konvertiert werden.
Kameraschwenk:
Diesen Tipp habe ich von einem Kameramann erhalten und ich halte ihn bis heute für einen der hilfreichsten Tipps bei der Vidoefilmerei. Vor allem bei einem Dreh einer eher ruhigen Szene soll man demzufolge
- vor dem Kameraschwenk (oder Zoom) nach Möglichkeit wenigstens 6 Sekunden lang in dem vorherigen Ausschnitt verweilen.
Der Hintergrund ist der, dass unser Gehirn eine Weile braucht, um sich mit einem neuen Bildausschnitt oder einer neuen Szene vertraut zu machen. Wird diese Regel vernachlässigt, wirkt der Film unausgeglichen und für den Zuschauer eher anstengend unruhig. Es gibt sogar Menschen, die sich aus diesem Grund privat gedrehte Videos nicht lange ansehen können.
Gitternetz:
Beim Filmen aus der Hand empfiehlt es sich das Gitternetz zu aktivieren. Das sind Linien die auf dem Camcorderbildschirm eingeblendet werden und dabei als Orientierung helfen können, die Kamera gerade zu halten und die Bildaufteilung zu optimieren.
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Weitere Tipps für die Theateraufnahme:
Bei einer Aufführung ohne farblich wechselndem Licht läßt sich der Weißabgleich verbessern, wenn man vor der Aufführung den Bühnenlichtverantwortlichen fragt, ob er die typische Szenenbeleuchtung kurz einschalten kann. Ein Helfer sollte auf der Bühne stehen mit einem weißen DIN-A4-Blatt in der Hand. Mit dem Camcorder kann man dann auf das DIN-A4-Blatt zoomen und an der Kamera den manuellen Weißabgleich vornehmen. Alternativ dazu kann die Kamera auch auf „Kunstlicht“ eingestellt und die Feinabstimmung später mit einer Videobearbeitungssoftware vorgenommen werden. In diesem Fall sollte die DIN-A4-Blatt-Szene für die spätere Ermittlung der richtigen Werte aufgenommen werden.
Die oben erwähnte Probeaufnahme sollte zeigen, ob der Camcorder bereits an unerwünschte Grenzwerte stößt. Bewegt sich also der Gain in einem unerwünschten Bereich, dann kann man diesem Effekt durch die Erhöhung der Belichtungszeit von 1/50 auf 1/25 entgegenwirken. Eine höhere Verwacklungsgefahr bei schnellen Bewegungen ist die Folge (es wird also möglicherweise ein Übel durch das andere Übel ersetzt).
Ist eine Belichtungszeit von 1/25 erwünscht, muss im Menu der TM900 „Langzeitbelichtung 2D“ auf „on“ stehen. Sonst kommt man im manuellen Modus nicht unter 1/50sec.
Der Automatkmodus mit 1/25 Sekunde Freigabe kann etwas mehr Rauschen als die "Nachtaufnahme" (wegen der Kontrastanhebung).
Allgemeine Tipps für den Szenenmodus:
Kerzen-Symbol (Nachtaufnahme): Für besonders schöne Aufnahmen abendlicher oder nächtlicher Szenen. Konstanter Helligkeitspegel, sehr guter Kontrast, dunkle Bereiche werden aufgehellt (sehr gute Farben). Helle Bereiche (Scheinwerfer) bleiben überstrahlt, wenn sie im Bildrandbereich sind. Im Gegensatz zur Automatik gibt es sogar in einen extrem Gain Modus (mit starkem Rauschen), dass Konturen im fast dunkeln zeigt (nicht zu verwechseln mit dem "Farbnachtsichtmodus").
Berg-Wolke-Symbol (Landschaft): Für weitläufige Landschaften. Ähnlich zum Modus "Nachtaufnahme" für noch grösseren Dynamikumfang, dafür etwas blassere Farben. Kein extrem Gain.
Berg-Mond-Symbol (Dämmerungsmodus): Für dunklere Szenen wie z. B. in der Abenddämmerung. Konstanter Helligkeitspegel, guter Kontrast in hellen Passagen. Mittel- und Dunkelzonen driften ins schwarze. Kein manueller Weissabgleich! Interessante Alternative bei Aktionen vor Videowall- oder Lichtinstallationen mit ausgeleuchteten Akteuren. Wenig Licht bedeutet dunkle Akteure und Konturen.
Rahmen-Gesicht-Symbol (Spotlight): Bessere Qualität bei sehr heller Beleuchtung des Motivs. Schwankender gesammt Bildhelligkeitspegel Sobald ein kleiner heller Spot im Bildauschnitt ist macht die Kamera die Blende zu.
Farbnachtsichtmodus ist nicht im Szenenmodus sondern bei den Schnellauswahlsymbolen (links, Vertikal-Auswahl). Er ist ähnlich dem Szenenmodus "Nachtaufnahme". Geschätzte Verschlusszeit 1/6 Sekunde. Macht die Nacht fast zum Tag (in geschätzter 0.25-1 Lux Umgebung). Die Bildstabilisierung arbeitet sehr wirkungsvoll und bei schnellen Schwenks verschmiert das Bild. Es kann ohne Stativ mit ruhiger Hand gearbeitet werden. Bei Kerzenlichtszenen und bei 2-3m Abstand zur Lichtquelle können schnelle Bewegungen verwischen. Bei genügend Licht wird automatisch auf normales Farb- und Belichtungsverhalten umgeschaltet. Dieser Modus wird in dem Forum jedoch nicht empfohlen („… lieber etwas dunkel mit Konturen als "blassere" Farben mit Bewegungschlieren“).