Hab grad mal etwas recherchiert. Der Schlüssel zu den Parallelen könnte stärker als Inarritu der Kameramann des Revenant, Emmanuel Lubezki, sein, dessen Großvater wie Tarkowski ebenfalls aus der Sowjetunion stammte. Ich nehme stark an, dass Lubezki ganz bewusst im Revenant Tarkowski ein visuelles Denkmal (Hommage) setzen wollte. Offensichtlich hat Tarkowski Lubezki stark beeinflusst in seiner Kameraführung und Sichtweise.
Tarkowski aber war wohl wirklich jemand, der mit einem geistlich romantisierenden (hier nicht negativ, sondern im Sinne der Romantik gemeint) Blick die Menschen betrachtete (wirklich ähnlich zu Caspar David Friedrich).
Wenn ich die Dokumentation, von Starshine Pictures hier verlinkt (habe erstmal nur bis Teil 2 gesehen), zu Grunde lege, war Tarkowski sehr wohl gläubig und sehr spirituell. Vielleicht nicht so, wie es viele definieren würden, aber in seiner philosophischen Betrachtung über Kunst kommt das m.E. ganz eindeutig heraus. Er war ein Künstler auf Suche nach dem Geist Gottes in den Menschen und auf der Suche nach dem göttlichen Ursprung in uns Menschen.
In der Dokumentation kommt mehrfach die Madonna del Parto von Piero della Francesca vor, die Tarkowski offensichtlich auf seiner Italienreise begegnet ist und stark beeindruckt hat und die genau diese philosophischen Gedanken schon im 15. Jahrhdt. in ein Bild fasst.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ ... ncesca.jpg
Er spricht in der Dokumentation darüber, die Madonna aus dem Film Nostalgia weg lassen zu wollen, auf der Suche nach den wirklich wichtigen Szenen. Jedoch hat er sie wohl drin gelassen. Sie muss also existenziell wichtig für seinen Film Nostalgia gewesen sein.
Die Madonna ist eine schwangere junge Frau, deren blaues Gewand einen großen Riss über Brust und Bauch aufweist. Ihre rechte Hand liegt über diesem Riss.
Christus (mit dem die Madonna schwanger ist) ist göttlichen Ursprungs von einer Frau (Mensch) geboren. Die Theologie sagt, Christus sei zugleich Mensch und Gott. In der Madonna ist Gott sozusagen drin und will aus ihr heraus zu den Menschen.
Diese grundlegenden philosophischen Gedanken finde ich unbedingt auch im Revenant.
Vielleicht kann man sagen, dass er sogar irgendwie eine Fortsetzung der philosophischen Gedanken Tarkowskis sein könnte. (Und Tarkowski war ja auch nicht der erste, der sich solche Gedanken macht.) Die Frage also: "Wo begegnet uns in unserem Elend, in unserem menschlichen Dasein überhaupt Gott?" ist die Frage, die sich Tarkowski und auch Inarritu/Lubezki stellen. Sie ist eben auch die zentrale Frage im Revenant.
Und für alle, die nicht an einen Gott glauben, kann man die Frage vielleicht so formulieren: "An welchen Stellen des menschlichen Daseins sind wir fähig, unsere Biologie zu verlassen und spirituell und sogar altruistisch zu werden?"
Was ich mir überhaupt nicht vorstellen kann ist, dass diese Bilder, die Lubezki und Inarritu in den Revenant gebracht haben, rein gar nichts mit dem Inhalt ihres Films zu tun haben. Das widerspräche der offensichtlichen Intelligenz mit der die beiden an diesen Film gegangen sind und es widerspräche auch der Intension eines Tarkowski, wenn er denn wirklich als Hommage durch Lubezki am Revenant Anteil hat.