Kurz skizzierte Handlung, ohne Spoiler: Victoria trifft in einem Club auf vier Berliner Proleten, flirtet ein bisschen mit einem von ihnen, und als einer der Jungs wegen Vollrauschs bei einem ominösen "Job" passen muss, springt sie spontan ein. Ihr wird erzählt, sie müsse nur fahren. Allerdings ein geklautes Fluchtfahrzeug bei einem Bankraub. Der geht gründlich in die Hose.
Die Kritiken feiern den Film als eine Art deutschen Kinofrühling. Mit Superlativen wird nicht gegeizt. Im Vorfeld, ja sogar quasi als Untertitel, erfährt man, dass der Film in einem einzigen Take gedreht wurde, also in Echtzeit.
Auf irgendeiner Filmfan-Seite wurden dann auch die üblichen Vergleiche angestellt. Russian Ark, Birdman, Children of Men, The Rope. Von Cocktail für eine Leiche sagte sogar Hitchcock selbst, dass ein Film ohne Schnitte nicht gut funktioniere (der Film wirkt noch am ehesten wie ein Theaterstück). Russian Ark ist dramaturgisch so inkonsequent, dass er ebenfalls nicht funktioniert und einfach nur langweilig ist.iasi hat geschrieben:Victoria?
"Der Film wurde in einer einzigen Kameraeinstellung durchgedreht. Er basiert auf einem zwölfseitigen Drehbuch. Viele Dialoge und Szenen sind improvisiert."
Also so innovativ und neu klingt das nicht.
In Viktoria kommen wir gar nicht in den zweifelhaften Genuss einer "Plansequenz", der Kameramann hetzt ständig den Darstellern hinterher, schwenkt hier, schwenkt dort. Er selbst nannte es in einem Interview "Dokumentarfilm-Stil", und das trifft die Sache. Es ist nicht störend, dass es keine Schnitte gibt. Aber mehr als alles andere erinnert der Film an Godards "Außer Atem". Nouvelle vague, direct cinema, deswegen ist der Film nicht so innovativ (denn Außer Atem ist 55 Jahre alt!), im Ganzen finde ich, dass der One-Take hier mehr Berechtigung hat als in irgendeinem der Plansequenzen-Filme, wo es überwiegend (Cuarón nehme ich da aus) ein Mätzchen ist.
Der Kameramann hat durchaus Außergewöhnliches geleistet. Der Film beginnt in Unschärfe, Disko-Stroboskope blitzen zum House-Beat. Nebenbei bemerkt ohne die für Rolling Shutter typischen zerrissenen Frames, ich fragte mich wie. Dann, sehr langsam und hypnotisch, nähert sich die Kamera der Hauptdarstellerin und der Schärfe. Immer wieder fand der Kameramann die genau richtige Perspektive. Ungünstig für mich, dass die Positionswechsel mit der reinen Handkamera oft ziemlich verwackelt waren. Der Film ist in Scope, ich saß Reihe vier, und nach einer Weile wurde mir ein bisschen übel.Jensli hat geschrieben:Eigentlich ein Grund für mich, mir diesen Film nicht anzusehen. ;-)Axel hat geschrieben: und zwar mit der C300,
Das Lowlight war anfangs gut, wenn Dunkelheit rauschte, dann filmkornähnlich. Die (Haut-)Farben waren auch noch bei Schwachlicht annehmbar, klare Stärke dieser Kamera. In der letzten halben Stunde waren dunkle Partien mit einem starren Rauschmuster "überblendet", ich tippe mal, dass nach fast zwei Stunden der Sensor zu heiß geworden war.
Alle Achtung vor den Leistungen aller Beteiligten, die Technik ist gut, die Schauspieler werfen sich in's Zeug.
Ihr spürt vielleicht meinen mangelnden Enthusiasmus? Mich persönlich hat der Film nicht sehr mitgerissen. Es gab ein paar magische Momente. Und bei vier, fünf besonders emotionalen Szenen drehte Schipper den O-Ton weg und legte Musik darüber! Wie ein Hochzeitsfilmer!
Vielleicht, um gar nicht erst in die Verlegenheit zu kommen, mit langweiliger deutscher Alltagssprache das zahlende Publikum zu verprellen, versteht Victoria als Spanierin kein Deutsch, also wird abwechselnd in schlechtem Englisch (mit deutschen Untertitel in Hochsprache) und, wenn Victoria nichts mitkriegen soll, in schnellem Berlinerisch kommuniziert. Schon irgendwie innovativ. Was soll man sagen? Erneut: Alle Achtung!
Alles in allem keine vertane Zeit, aber um das deutsche Kino nachhaltig aufzurütteln braucht es m.E. mehr als ein ehrbares Experiment.
Kann man so wirklich nicht sagen. Ein Banküberfall ist eigentlich ein idealer Aufhänger, um dem Medium die Botschaft zu überlassen. Und es gibt anrührende - vor allem anrührend gespielte - Szenen.iasi hat geschrieben:Sehr gehaltvoll scheint er auch nicht zu sein, denn es wird immer vom Dreh in einer Einstellung gesprochen, aber eigentlich nicht über die Handlung oder das Thema.