WoWu hat geschrieben:
Ich bin da ein ganz schlechter Ratgeber weil ich Standards zu schätzen gelernt habe und für mich Intermediates nur eine Krücke sind, um schwachbrüstige Rechner dazu zu bewegen überhaupt in der Bildverarbeitung in halbwegs vertretbarer Zeit klar zu kommen.
Ich habe absolut nichts gegen Standards, ich hoffe das ist nicht falsch angekommen, und würde einen guten, offenen und frei verfügbaren Standard analog zu den Erfolgen von PNG und JPEG gut finden. Der Erfolg der letztgenannten beruht aber zu großen Teilen auch darauf, dass die Standards einerseits nicht irrsinnig kompliziert sind und es andererseits eine kostenfrei ohne nennenswerte Auflagen nutzbare, im Source vorliegende, Umsetzung gibt.
Leider gibt es im Videobereich noch immer nichts vergleichbares.
AVC ist gut, leider gibt es keine gute, kosten- und auflagenfrei einsetzbare Implementierung (wie es sie z.B. für PNG und JPEG gibt). Auch ist AVC viel zu umfangreich, um es "mal eben" selbst umzusetzen.
WoWu hat geschrieben:
Wie du weisst haben wir bereits vor mehr als zehn Jahren auf 10 bit I- Frame AVC gesetzt der sowohl in der Akquisition also auch in der Nachbearbeitung und auch als Austauschformat zu den Sendern dient.
Nur wie lange wird es dauern, bis I-Frame AVC von Softwareherstellern kostenfrei um- bzw. eingesetzt werden kann?
Das es z.B. bis heute kaum freie/kostenlose NLEs gibt, hat IMO sehr mit der Verfügbarkeit und den Eigenheiten der Standard-Codecs zu tun. Die Kosten für die Verbreitung des inzwischen alten MPEG-2 sind anscheinend noch immer so hoch, dass z.B. Windows 8 diesen Codec nicht mehr mitbringt.
Auch kommen ständig neue Standard-Codecs hinzu. Nehmen wir nur mal den Privatbereich: Vor ca. 20 Jahren gab es noch die Analogtechnik, dann kam DV und ein wenig MPEG-2 in Standard Definition, gefolgt von MPEG-2 in Form von HDV. Es folgte der für Full-HD erforderliche Schritt nach AVCHD bzw. H.264. Es wird bald H.265 folgen. Von all diesen Codecs gibt es noch diverse Untervarianten, gerne für professionelle Ausrüstung genutzt, sowie Containerformate, in denen sie stecken können.
D.h. jedes heute und in näherer Zukunft sinnvoll einsetzbares Programm müsste mindestens DV, MPEG-2, H.264 und H.265 im Im- und Export plus der gängigen Containerformate beherrschen. Jeder Anwender müsste geschult werden, wie er die unterschiedlichen Encoder der Programme so bedient, dass bei den erforderlichen Zwischendateien kein zu großer Qualitätsverlust eintritt.
Ein wiklich beliebig einsetzbarer Intermediate könnte für viele Programme das Austauschproblem lösen. Klar, man könnte auch schon heute Sequenzen als JPEGs exportieren, mit weiterer Software bearbeiten und wieder ins NLE importieren, aber wirklich schön ist das nicht. So steckt derzeit jeder Anwender weitestgehend in seinem NLE fest und kann nicht so leicht auf zusätzliche Spezialprogramme zurückgreifen.
WoWu hat geschrieben:
Daher stellt sich mir die Frage, was ein neuer (noch proprietärer) Codec bringen soll, was es noch nicht gibt.
Siehe oben. :-)
Was aber schon der Versuch definitiv bringt: Mehr Wissen und Verständis, da man sich intensiv mit dem Themengebiet beschäftigen muss. :-)
WoWu hat geschrieben:
Selbst die bekannten "klassischen", wie ProRes & Co haben fast 10 Jahre dazu gebraucht und auch das nur, weil sie auf dem MPEG2 Standard aufsetzen.
Etwas Neues wird es also sehr viel schwerer haben.
Das wird tatsächlich so sein. Wobei ich glaube, das der Erfolg von ProRes nichts mit MPEG-2 zu tun hat, sondern mit erfolgreicher Vermarktung. Es ist mir durchaus klar, dass es schon Versuche in die Richtungen Intermediate und hochqualitatives Archiv gab, die allerdings nie die Verbreitung von z.B. ProRes erreicht haben. So gibt es z.B. von Dirac eine für Intermediates geeignete Variante.
Aber wie gesagt, auch wenn ein neuer Codec praktisch ungenutzt bleibt, kann man am Entwurf viel lernen.