carstenkurz hat geschrieben:Schöner Roman, nOOcam, aber leider heutzutage weder theoretisch noch praktisch relevant. Man braucht keine Atomuhr für zero-drift zwischen Video und Audio - es reicht, wenn Audio und Video taktverkoppelt betrieben werden. Du könntest deine Theorien ja mal durch ein bißchen weiteres Nachdenken auf Plausibilität prüfen.
Oh, gut. Dann stell Dich mal vor die Entwickler der Canopus NLE Produkte und die von Final Cut Pro hin und erzähle ihnen, das sie seit Jahren völlig unnützen Aufwand betreiben, weil es garkein Problem mit Filmmaterial von Kameras gibt, die statt mit 48kHz eben mit 48,010kHz Samplingfrequenz aufzeichnen. Die werden sicher hocherfreut sein, sich um dieses leidige Thema endlich nicht mehr kümmern zu müssen.
Ausserdem finde ich es etwas merkwürdig, wenn es einfach so hingenommen wird, dass ein Video samt Ton z.B. aufgrund einer mit einer zu hohen Sampling-Frequenz aufnehmenden Kamera später in der Schnittapplikation und auf anderen Geräten zu langsam abgespielt wird. Wenn man sich über die Praktiken des Canopus zur Aufrechterhaltung von synchronem Audio beschwert, ist eine im Endeffekt verlangsamte Aufnahme durch eine zu hohe Samplingfrequenz auf Seiten der Kamera ebenfalls als eine Katastrophe anzusehen.
Wenn das Wiedergabegerät dann noch einen zu langsam getakteten D/A-Wandler hat, addieren sich die Fehler von Kamera und Wiedergabegerät noch und Du hast ein Video samt Ton, das langsamer läuft als sich die aufgenommene Szene in Wirklichkeit abgespielt hat. Das wird dem Betrachter zwar genausowenig auffallen, wie die maximale Differenz von Ton zum Bild bei der "Locked Audio"-Einstellung auf dem Canopus bzw. dessen sporadisch eingefügte Frames, aber wenn man weiss, dass es so ist, sollte es für jemanden, den die Praktiken des Canopus stören genau so unerträglich sein. ;-)
carstenkurz hat geschrieben:Ansonsten erstaunlich, dass taktsynchrones Audio und Video selbst im Profibereich faktisch unmöglich sein soll, wenn es jeder DVD-Player aus dem Blödmarkt für 20 Euro hinkriegt.
DVD-Player haben bei der Wandlung von Digital in Analog in vielen Fällen sogar hundsmiserable Taktgeber. Aber es fällt eben niemandem auf, so wie auch niemandem aufzufallen scheint, dass die analogen Verstärkerstufen zur Aufnahme des Video- und Audiosignals an der Kamera wie auch die des Players bei der Wiedergabe des Audio- und des Videosignals Laufzeitunterschiede produzieren. Es herrschen sogar Laufzeitunterschiede zwischen dem linken und dem rechten Stereokanal. Die Kabel zum Fernseher/Monitor und dessen, ebenfalls wieder für Laufzeitunterschiede sorgenden Signalwege fügen die nächsten Fehler hinzu. Und am Ende dieser ganzen Fehlerkette sitzt dann ein Mensch vor der Glotze, der sich dann darüber beschwert, dass der Canopus den Ton maximal einen Frame voreilen lässt, obwohl dieser Fehler durch eine der Videoverstärkung nacheilende Audioverstärkerschaltung im Analogbereich seiner Abspielgeräte locker in ein dem Ton voreilendes Bild gewandelt werden oder im besten Fall zeitweise ganz aufgehoben werden kann.
Es braucht weit mehr als 40ms Versatz von Ton zu Bild bevor dem menschlichen Gehirn der Ton als asynchron auffällt. Ich kann im Mediaplayer den Ton um 500ms voreilen lassen und kann nicht behaupten, dass mir das nun wirklich auffallen würde, wenn ich nicht darauf achten würde. 500ms zwischen Bild und Ton sind nicht so wild. Zwischen Stereokanälen nerven sie allerdings und es gibt durchaus aktuelle Surround-Verstärker, die jenseits der 500EUR kosten und bei denen ich bei reinem Stereoton ohne aktive Surround-Boxen schon einen störenden Versatz gehört habe, der offenbar aus Bauteiltoleranzen und unsymmetrischem Leiterbahn-Layout resultierte. Der Besitzer des Verstärkers behauptete aber trotzdem, dass er auch im normalen Stereomodus nicht hören würde, dass der Interpret seitlich von ihm singt. Mich würde das nerven und wie soll so ein Verstärker einen präzise ortbaren Sound für Dolby-Surround produzieren?
carstenkurz hat geschrieben:Drift gibt es dann nur noch absolut im Rahmen der üblichen Schwankungen solcher Schaltungen.
Genau. Und keine dieser Schaltungen ist auch nur auf eine Tausendstelsekunde genau getaktet, wobei, wie oben schon erwähnt, schon eine solche Zeitdifferenz ein paar Frames pro Stunde Versatz bringt.
Meine "Theorien" habe ich übrigens längst per Ozilloskop geprüft und mit ärgerlichen Signal-Laufzeitunterschieden habe ich schon zu tun gehabt als ich vor 20 Jahren meine erste High-End-NF-Verstärker Vor- und Endstufe selbst entworfen, layoutet und mit hochselektierten Transistoren aus den USA gebaut habe.
carstenkurz hat geschrieben:Das eigentliche Problem ist, dass man bei der Frage VHS-Digitalisierung aus Bequemlichkeitsgründen überwiegend auf USB-Grabber oder eben die älteren DV-Interfaces zurückgreift. Es gibt eigentlich genug bezahlbare PCI-Karten, die das besser können, aber die muss man halt einbauen, und obendrein in der Regel mindestens noch mit einem XP betreiben, wenn nicht noch schlimmer.
Angesichts des Windows 7 Disasters, bleibe ich, wenn es schon Windows sein muss, ohnehin lieber bei XP oder Vista. Die meisten der Windows-Lizenzen, die ich mit diversen Rechnern bekommen habe sind aber mittlerweile ungenutzt, da ich nur noch Testrechner und Rechner mit unwichtigen Daten (z.B. Internet-Surfrechner, Zockrechner) mit Windows betreibe. Ansonsten sind mir meine Daten zu wertvoll, um sie durch den seit Win 7 komplett untauglichen Dateiexplorer und Windows hässliche Eigenschaft jedes von ihm erkannte Dateisystem bei jedem Systemstart erstmal angrabbeln zu müssen, zu gefährden. Keiner meiner Windows-Rechner hat auch nur Zugang in das VLAN mit meinen Linux-Servern und -Workstations und auch auf die Administrationsinterfaces meiner Router/Switches kommt keiner von denen. Getreu meinem Motto: Geb' einem Betriebssystem bei dem Du nicht im Quellcode selber nachlesen kannst was es macht bloss keine Macht. ;-)
carstenkurz hat geschrieben:Die Krücke im ADVC-300 ist ein klassischer Fall von kaskadierter Verantwortung, man kauft einen High-Tech Baustein für ein Gerät ein und stellt dann fest, dass man sich damit 'Features' eingekauft hat, die man nicht mehr selber beheben kann.
Naja, immerhin liefert der Canopus immer noch ein so gutes Ergebnis ab, dass Dir erst jemand anderes seine Krücke leihen (bzw. seine Entdeckung mitteilen) musste, damit Du merkst, dass Du ein gebrochenes Bein (= doppelte Frames und Audioversatz in Deinen transferierten Videos) hast. Wenn man das gebrochene Bein selber nicht einmal bemerkt, kann es nicht so schlimm sein. :-D
Zudem ist der ADVC-300 wohl eines der äusserst seltenen Geräte, die es einem Privatmann zu einem vertretbaren Preis ermöglichen KEIN Lebensjahr bei der Digitalisierung, Sichtung und Nachbearbeitung eines mehrere hundert alte, verrauschte VHS-Kassetten umfassenden Video-Archivs zu vertrödeln.
Klar kann man mit anderer Hardware (Fullframe-TBC, Snell & Wilcox Wandler, eingemessene Broadcast-Monitore, endlose Nachbearbeitungen mit VirtualDub-Filtern und NLE Werkzeugen) aus jeder einzelnen VHS-Kassette das maximale an Qualität herauskitzeln. Aber dazu braucht man vermutlich mehr als die dreifache Spielzeit der Cassette. Pro 300er VHS-Kassette ist das dann ein Tag vergeudete Lebenszeit, weil man spätestens nach der dritten Kassette nichts mehr Neues dazulernt und so nur noch stur wie ein Roboter seine Arbeit macht. Bei meinen 300 Kassetten wäre das in der Tat fast ein Jahr lang jeden Tag eine Kassette. Sorry, aber ich würde selbst die Kassetten mit meinen persönlichen Erinnerungen eher verbrennen, als die auch nur einen kompletten Monat lang 12 Stunden am Tag stupide zu digitalisieren.
Dann beschaffe ich mir doch lieber so einen "bösen" Canopus ADVC-300 und behalte dafür meine Video-Erinnerungen mit ein paar unsichtbaren doppelten Frames und maximal um einen Frame asynchronen Ton über die 300 Minuten Laufzeit einer VHS-Kassette. Für VHS-Material, dass ich mir mit grosser Wahrscheinlichkeit, wenn überhaupt, nur noch 1-2x in meinem Leben ansehen werde, würde vermutlich auch die Qualität beim Abfilmen mit einer miniDV-Kamera zur Digitalisierung direkt vom Bildschirm locker reichen. ;-)
Speed Demon hat geschrieben:Carsten hat ja eigentlich schon alles dazu gesagt... soweit ich mich erinnere habe ich doch hier sogar einen Test gepostet, der zeigt, dass sogar ein billiger Panasonic DVD (Modell .... 65) Rekorder absolut synchron bleibt. Und das Bild war definitiv besser als das des Canopus 300.
Das verrauschte Bild einer über 25 Jahre alten Videokassette erster oder gar zweiter Kopiergeneration wird auf einen DVD-Recorder aufgenommen sicherlich keinesfalls besser aussehen als mit einem auch nur laienhaft eingestellten ADVC-300 und die DVD ist schnell voll, da die MPEG-2-Komprimierung Dir nämlich ganz brav das gesamte Rauschen mit in die Datei packt und damit in einer GOP gigantisch viele Bildveränderungen gespeichert werden müssen, was schnell für Speicherplatzmangel sorgt.
Meine nicht mal 15 Jahre alten, nach der Aufnahme nur einmal abgespielten Hi8-Kassetten könnte ich möglicherweise mit der Kamera, die sie auch aufgenommen hat und ohne den LTBC des ADVC-300 in besserer Qualität digitalisieren (die Frage ist nur, ob sich der Aufwand lohnt). Ein TBC bastelt halt zwangläufig auch Fehler ins Bild und das der LTBC des Canopus ADVC-300 nicht abschaltbar ist, ist meiner Ansicht nach der grösste und für den Preis einzige wirkliche Kritikpunkt an dem Gerät. Diesbezüglich würde mich mal interessieren, warum der TBC nicht abschaltbar ist. Das ist nämlich nicht dem verbauten Panasonic-Chip geschuldet. Der Edirol VMC-1 hat denselben Chip und der LTBC ist trotzdem abschaltbar. Da ich den Edirol aber bisher nie in den Fingern hatte, kann ich nicht sagen, ob der auch von den Möglichkeiten der Bildbeeinflussung und -bearbeitung dem Canopus ebenbürtig ist. Normalerweise verzichten Ingenieure nämlich nicht ohne Grund auf Funktionen, die ein ohnehin vorhandener Chip ohne Mehraufwand anbietet und die möglicherweise ein Kaufargument sein könnten. Es wäre also immerhin möglich, das Absicht und keine Nachlässigkeit hinter dem nicht abschaltbaren LTBC steckt.
Speed Demon hat geschrieben:@nOOcam, für mich liest sich Dein Posting so, als würdest Du für Canopus arbeiten.
Ich werde demnächst höchstens MIT einem Canopus arbeiten (mit dem ADVC-300 nämlich) aber nicht FÜR Canopus. ;-) Zumindest falls ich noch einen kriege. Die Dinger werden nämlich nicht mehr produziert. Insofern nützen meine Kommentare Canopus in keinster Weise. Alle produzierten Geräte haben die längst an die Grosshändler abverkauft und damit ihr Geld im Sack. Und da bisher nicht mal die in sowas geübten Amis eine Sammelklage wegen asynchronem Ton und Frame-Hokus-Pokus zustande gebracht haben, weil es die meisten Leute offenbar nicht stört und sie bei zu vielen alten, verauschten Videos in ihrem Schrank keine Chance haben mit einer anderen bezahlbaren Box eine ähnliche Aufbereitungsqualität ohne monatelanges Herumrechnen mit VirtualDub zu bekommen.
Schade, dass es scheinbar schwer ist an so einen Edirol VMC-1 zu kommen. Die Schachtel hätte ich gerne mal gegen einen ADVC-300 getestet. Sowohl im Bereich duplizierte Frames als auch was seine Funktionsvielfalt angeht und zuletzt natürlich, weil man bei ihm den LTBC abschalten und damit direkt den Unterschied im Bild ohne LTBC sehen können sollte.
Naja, das hat wohl noch ein wenig Zeit und vielleicht kommt ja noch ein Edirol meines Weges gekrochen. Im Moment habe ich genug Ärger damit beim Filmtransfer von 18 B/s Super 8 auf 50 Halbbilder DV falsch zusammengepuzzlete 50i-Frames zu finden und aus dem DV-Video zu kicken. Bei einer Projektorgeschwindigkeit von 16 2/3 nimmt die synchronisierte 50i-DV-Cam nämlich von jedem Filmbild 3 Halbbilder auf. Das dritte Halbbild wird natürlich mit dem ersten Halbbild des nächsten Filmbildes vervollständigt und das ist zumindest bei schnellen Bewegungen im Film nicht nur suboptimal, sondern durchaus mit blossem Auge zu erkennen. Das ist auch Jammern auf hohem Niveau, wenn man die Qualität gegenüber dem Abfilmen von Mattscheiben mit Spiegeln oder gar mit Paralaxe von der Leinwand sieht, aber es nervt doch mehr als ein paar unsichtbare Zusatzframes pro Stunde und ein Ton, der verzweifelt versucht schneller als das Bild zu sein und maximal einen Vorsprung von 40ms herausarbeitet.
Fazit: Filmtransfer ist noch grösserer Sch.... als der Transfer von verrauschten Videos. Zumindest wenn der Film 18B/s hat und man die nicht von Hand nacheinander abknipsen und in der Timeline zusammenbasteln möchte. Schon der Projektorumbau mit Synchronisationsschaltung, Transferobjektiv und LED-Beleuchtung der Filmbühne war, obwohl ich alles selbst gemacht und nur die Bauteile gekauft habe, teurer als der ADVC-300 in seinen besten Zeiten je gewesen ist und ich darf die Videos mit VirtualDub noch spiegeln, die Schrottframes raushauen und die brauchbaren Frames dann in die Länge ziehen, damit da wieder 25B/s herauskommen. Wenn Rechner und Projektor rödeln habe ich immer Zeit hier solche Romane zu schreiben. Mir graust schon vor der Digitalisierung meiner 300 VHS-Kassetten. Aber da kann ich dank Canopus sogar das Zimmer verlassen. Wenn ich den Projektor hier alleine werkeln lasse reisst am Ende der Film oder die Perforation zerbröselt und ich brauche die Reste nur noch zusammenzufegen. Vielleicht sollte ich aber trotzdem die VHS-Kassetten lieber gleich direkt wegwerfen. So gut wie die Super 8 Filme ist die VHS-Quali ohnehin lange nicht. ADVC-300 hin oder her. :-(