Wie angekündigt nun nachfolgend mein Erfahrungsbericht zum Fujinon XF 18-120mmF4 LM OZ WR. Doch bevor ich in die Materie einsteige, vorab noch eine (nicht besonders kurze)...
Einleitung:
Als das Objektiv in Q3 (oder wars Q4?) 2022 released wurde fand ich es schon damals sehr interessant und eigentlich war ich mir schon ziemlich sicher, dass ich es mir zulegen würde weil ich es auf dem Papier als extrem vielversprechend wahrgenommen hatte. Als dann allerdings die ersten Reviews und Hands-On Berichte veröffentlicht wurden verflog mein Enthusiasmus recht schnell, denn das Objektiv kam per se nicht besonders gut weg. DPreview nannte es damals sogar "worst lens of the year" (oder "worst lens ever"? Ich weiß es nicht mehr genau) wenn ich mich richtig erinnere. Der allgemeine Tenor der Reviews war, dass das Objektiv zwar für Video nicht sooo schlecht wäre aber für Stills nicht besonders dolle, insbesondere wohl im Verbund mit den 40 MP Sensoren der X-H2 und X-T5.
Gut, das hätte mich jetzt nicht gestört, da ich zum einen eh zu 99% filme und der Sensor meiner damaligen X-S10 eh kein Pixelmonster war. Die o.g. Kritikpunkte hätten mich also nicht gestört. Was mich allerdings ziemlich gestört hat waren die kurzen Belichtungssprünge die das Objektiv beim zoomen an den Tag legte. Und da war es auch egal an welcher Fuji Kamera es angedockt war. Ob X-T3, X-T4, X-T5, X-H1, X-Hs oder X-H2s, bei allen Kameras dasselbe Phänomen.
Auch hier hätte ich sagen können, dass das nicht so wichtig sei, da ich beim filmen eh nicht zoome und selbst wenn ich mal bei laufender Aufnahme den Zoom bestätige schneide ich die Zoomfahrt in der post raus. Dennoch hat mich dieser Fehler gestört, denn ich habe es nicht eingesehen knapp 900 Tacken für ein Objektiv hinzulegen das einen unschönen Feature-Fehler hat. Also verschwand das Objektiv dann wieder von meinem Radar, ich wechselte ein paar Monate später zu Lumix S5 II und so gesehen war das Thema dann (eigentlich) für mich erledigt.
Als ich dann allerdings Im Februar beschloss wieder zu Fuji zurück zu kehren und mir die X-S20 zulegte, kam mir das 18-120er wieder in den Sinn, erinnerte mich allerdings nicht mehr daran was mich damals vom Kauf abgehalten hatte. Eine kurze Recherche weckte meine Erinnerung und wieder war ich drauf und dran das Objektiv erneut zu "vergessen" als ich dann zufällig mitbekam (und das wirklich zufällig, denn Fuji hing das - für mich völlig unverständlich - nicht an die große Glocke), dass Ende Februar 2024 für das 18-120er ein Firmware-Update (Ver.1.10) veröffentlicht wurde mit der einzigen Beschreibung:
"Exposure tracking during zoom operation is improved when using the following cameras.
[Applicable cameras]
X-H2S (Ver.5.10 or later), X-H2 (Ver.3.10 or later), X-T5 (Ver.2.10 or later), X-T4 (Ver.2.10 or later), X-T3 (Ver.5.10 or later), X-S20 (Ver.1.20 or later) and X-S10 (Ver.3.10 or later)
Note:Make sure to update the camera’s firmware to the latest version before updating the firmware of the interchangeable lens to enable those functions above."
Da dachte ich mir, dass ich es mit dem Objektiv ja mal probieren könnte. Also bestellte ich es, aktualisierte als erstes die Firmware des Objektivs (meine X-S20 war bereits auf Ver.1.20 atualisiert) und startete sofort den Zoom Test. Und siehe da, keinerlei Belichtungssprünge beim zoomen. Egal ob crash-Zoom, langsames zoomen oder schnelles zoomen.
Fand ich gut und gefiel mir schon mal sehr.
Was ich allerdings schon unschön finde ist, dass Fuji gute 1,5 Jahre gebraucht hat um diesen Fehler zu fixen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass hätten sie es früher gemacht, das Objektiv jetzt nicht so ein unbeachteter Underdog wäre. Aber gut, besser spät gefixt als gar nicht.
Haptik, Anmutung und Bedienung:
Das Objektiv weckte in mir direkt beim Auspacken von der Anmutung her sofort Erinnerungen an das Canon FD 35-105er und es ist mit einem Gewicht von 460g erstaunlich leicht was wohl dem (hochwertigen) Plastik Gehäuse des Objektivs geschuldet ist. Wie das vom Gewicht her weitaus schwerere FD 35-105 handelt es sich beim XF 18-120er um einen Innenzoom, der Tubus fährt beim zoomen also nicht heraus, die Länge des Objektivs bleibt somit bei jeder Brennweite gleich. Die Verarbeitung des Objektivs ist Fuji gewohnt sehr gut. Nichts klappert oder wackelt und man muss sich auch keine Sorgen machen da mal etwas weniger zaghaft zuzupacken.
Das Objektiv hat drei Drehringe (vorne Fokusring, in der MItte einen breiten Zoomring und hinten den weiteren Zoomring, bzw. Zoom-Rocker mit Anschlag rechts [Tele] und links [Weitwinkel], also quasi eine runde Zoomwippe). Des Weiteren einen Button mit dem man den Zoom Rocker zwischen Fokus und Zoom umschalten kann und zwei weitere Tasten (W und T) die für die Funktion der automatischen Zoomfahrt vorgesehen sind.
Angedockt an meiner X-S20 ergibt es ein sehr ausgeglichenes Setup ohne spürbare Kopflastigkeit was ich persönlich als äußerst angenehm empfinde.
Im Menü der X-S20 kann man die Geschwindigkeit des automatischen Zooms bei Betätigung der Zoomtasten von super langsam (was von der Geschwindigkeit in einer sehr subtilen Zoomfahrt resultiert) bis zu "recht schnell" einstellen. Letztere Einstellung resultiert bei der Zoomgeschwindigkeit allerdings keinen Crash Zoom, den realisiert man wenn man den Zoom-Rocker bis zum Anschlag dreht. Wichtig zu Wissen beim Zoom-Rocker ist zudem, dass man je nach Drehintensität die Geschwindigkeit des Zooms steuert und so richtig cool subtile Vertigo-Shots machen kann.
Zudem lässt sich (ebenfalls im Kamera Menü) der Fokus auf "linear" umstellen, bleibt logischerweise letztendlich natürlich ein focus-by-wire aber dennoch schön, dass es geht.
In einigen Reviews zum Objektiv wurde seinerzeit bei Benutzung des Zooms etwas despektierlich von einem "Camorder-Feeling" gesprochen, doch genau das gefällt mir persönlich wiederum sehr gut. Ich habe früher gerne mit meinen Camcordern gefilmt.
Parfokal?
Nein, das Objektiv ist definitiv nicht parfokal. Wurde allerdings auch nie von Fuji als parfokal beworben. Crash-Zooms sehen somit nicht besonders schön aus, weder mit AF, noch mit MF. Wenn man allerdings bei der Zoomgeschwindigkeit nicht auf volle Pulle geht, sondern etwas knapp darunter bleibt, dann kompensiert der sehr gute AF der X-S20 die fehlende Parfokalität, so dass kein unschönes Unschärfe Verhalten entsteht.
Fokusverhalten und Geräuschentwicklung:
Kurz und knapp: Da gibt es nix großes zu meckern. An meiner X-S20 fokussiert das Objektiv sowohl im Video-, als auch im Foto-Modus tadellos. Zudem fokussiert das Objektiv wirklich lautlos und da Fuji es auch bei der X-S20 wieder mal geschafft hat beschissene in-camera Mikros zu verbauen ist der lautlose AF des 18-120er schon eine willkommene Bereicherung. Einzig wenn man den Zoom-Rocker auf volle Pulle bestätigt ist ein leises "bzzzzzzzzzzzz" des Zoom Motors zu hören. ist zwar nicht sehr laut aber dennoch nicht so leise, dass man es auf der Aufnahme überhaupt gar nicht hört. Sollte mal also im Verbund mit in-camera Audio Aufnahme schon beachten, bzw. im Hinterkopf behalten.
Bildqualität und Lichtstärke:
Wie oben bereits erwähnt, filme ich mit meiner X-S20 zu 99% und wenn ich damit fotografiere, dann sind es eher Schnappschüsse und von ambitionierter Fotografie weit entfernt. Zudem fotografiere ich ausschließlich in JPG und ich croppe in meinen Fotos auch nicht auf 200 (oder mehr) Prozent rein, ebenso wenig ich in irgendeiner Form mit meinen Aufnahmen (Video und Foto) Pixelporn betreibe. Mir geht es stets um die Bildqualität im Gesamten, das FYI vorne weg.
Den Brennweiten Bereich von 18-120 mm (FF äquivalent 27 bis 180-nochwas) finde ich äußerst praktisch und sinnvoll. Für Wildlife Aufnahmen würden die 120mm IMHO definitiv nicht reichen, doch um etwas weiter entferntes "ran zu holen" schon echt gut und macht Spaß. Für meine Anwendungsfälle ist der Brennweiten Bereich jedenfalls ideal.
Was die Bildqualität sowohl in Video, als auch bei Foto betrifft bin ich sehr zufrieden, eigentlich ist es mir persönlich sogar etwas zuuu scharf. Aber das ist eher mein persönlicher Geschmack und hat mit Sicherheit keine wissenschaftliche Relevanz.
Das Bokeh empfinde ich als echt schön und zwar insofern, dass da im unscharfen Bereich Null störende, respektive ablenkende Artefakte rumschwirren. Auf 100 oder 120 mm freigestellte Objekte sehen echt schniecke aus.
Mit einer durchgehenden Blende von F4 (was glaube ich F6.2 in FF entspricht - ich bin da nicht so gut im umrechnen) ist das Objektiv natürlich keine Nachtsichtlinse. Dafür benutze ich es allerdings auch nicht. Für extreme Low Light Gegebenheiten habe ich dann entweder meine zwei F1.4 Viltrox Objektive oder (man glaubt es kaum aber isso) die Osmo Pocket 3.
Das Objektiv hat keinen OIS verbaut, so dass bei Freihand "nur" der IBIS der X-S20 herhalten muss (der zwar recht gut ist aber merklich schlechter als der IBIS der Lumix S5 II) und bei 120 mm würde ich dann schon entweder Stativ oder Gimbal empfehlen.
Persönliches Fazit:
Wie bereits in einem anderen Thread angeteasert hat sich das Objektiv tatsächlich innerhalb kurzer Zeit als mein sphärisches "immerdrauf" manifestiert wenn ich nicht anamorph unterwegs bin. Nur bei sehr dunklen Lichtverhältnissen schraube ich es ab, doch solange genügend Licht vorhanden ist (und da die LowLight Fähigkeit der X-S20 analog zur X-S10 eh schon gut ist, meine ich mit "genügend Licht" kein Flutlicht) bleibt das 18-120er dran und macht mir jedenfalls echt ne Menge Spaß.
Das wären somit meine bisherigen Erfahrungen zum 18-120er, ich hoffe, dass ich sinnvolle Infos geben konnte. Und sollten zum Objektiv weitere, bzw. spezifischere Fragen aufkommen, dann beantworte ich die natürlich gerne.